"Ein Irrtum ist es, wenn man aus dem Indikativ kannte einen Konjunktiv kännte bilden zu dürfen glaubt. Die sechs schwachen Zeitwörter: brennen, kennen, nennen, rennen, senden und wenden haben eigentlich ein a im Stamm, sind also schon im Präsens umgelautet. Ihr Imperfekt bilden sie ebenso wie das Partizip der Vergangenheit (durch sogenannten Rückumlaut) mit a: brannte, gebrannt, sandte, gesandt, und da der Konjunktiv bei schwachen Verben nicht so umlautet, sollte er eigentlich ebenfalls brannte, sandte heißen. Zur Unterscheidung hat man aber (und zwar ursprünglich nur im Mitteldeutschen) einen Konjunktiv brennete, kennete, nennete, rennete, sendete und wendete gebildet. Das e dieser Formen ist nicht etwa ein jüngerer Umlaut zu dem a des Indikativs, sondern es ist das alte Umlauts-e, das durch das Präsens dieser Zeitwörter geht. Wirft man nun, wie es jetzt geschieht, aus brennete, kennete das mittlere e aus, das in sendete und wendete beibehalten wird, so bleibt brennte, kennte übrig. In früherer Zeit gehörten noch andere Verba zu dieser Reihe, z.B. setzen und stellen; der Konjunktiv des Imperfekts heißt da setzte stellte, der Indikativ und das Partizipium aber hießen früher: sazte, stalte, gesazt, gestalt (das noch in wohlgestalt, mißgestalt, ungestalt erhalten ist)." Gustav Wustmann, Allerhand Sprachdummheiten, 2. Auflage 1896